Schlüsselworte des Pilgerns

Gespinst, Foto: Anke Ohly

Zum Aufbruch: An den Pilger

Brich auf! Du bist für den Weg geboren.
Brich auf! Du hast ein Treffen einzuhalten.
Wo? Mit wem? Vielleicht mit dir selbst.
Brich auf! Deine Schritte werden deine Worte sein,
der Weg dein Lied, die Müdigkeit deine Gebete.
Und am Ende wird deine Stille zu dir sprechen.
Brich auf! Alleine oder mit anderen.
Aber komm heraus aus dir selbst!
Du hast Rivalen geschaffen,
du wirst Begleiter finden, Brüder und Schwestern.
Brich auf! Dein Kopf weiß nicht,
wohin deine Füße dein Herz führen.
Brich auf! Jemand ist unterwegs, dich zu treffen,
sucht dich im Heiligtum am Ende des Weges,
im Heiligtum in der Tiefe deines Herzens.
Er ist dein Friede, Er ist deine Freude.
Geh! Gott ist schon mit dir unterwegs.

Anonym, Kloster Lluc, Mallorca

Mein Weg

Mein Ziel vor Augen
Sehnsucht im Herzen
mit Erwartungen und Fragen
wage ich die ersten Schritte
aufbrechen und gehen
Neuem begegnen
die Schönheiten der Natur wahrnehmen
den Stolpersteinen ausweichen
mich vom Weg leiten lassen
Mein Ziel vor Augen
Schwierigkeiten überwinden
Versuchungen standhalten
mit Weggefährten gehen
einander zuhören und vertrauen
alleine gehen
vertieft ins Schweigen
meine Seele entrümpeln
in der Stille auftanken
Mein Ziel vor Augen
etwas müde, aber zuversichtlich
bei Sonne, Wind und Regen
mit Blasen und Schmerzen
neue Kraftquellen entdecken
die wellenartigen Kornfelder im Wind
das leuchtende Mohnblumenfeld
den Blick in die Weite des Horizonts
die Stille in einer Dorfkirche
Gehe ich meinen Weg
tanke auf und komme an

Peter Müller

Zehn Wegweiser für den Pilgeralltag

  1. Wozu Pilgern? Nimm deine Sehnsucht wahr, spüre ihr nach, entscheide dich und vertraue darauf, „wer aufbricht, kommt auch heim“.
  2. Es ist ein gutes Gefühl, mit wenig auszukommen. Nimm nur das Nötigste mit und beschränke deinen Kontakt nach Hause auf das Wesentliche.
  3. Achte unterwegs auf die Signale deines Körpers und deiner Seele und handle danach.
  4. Sei mit allen Sinnen unterwegs und offen für die oft unscheinbaren Blumen am Wegrand, die Schönheit der Schöpfung, die Kultur entlang des Weges und die Menschen, denen du begegnest.
  5. Lasse los und befreie dich von allem, was dich belastet und dir Sorgen bereitet. Lerne, dich über einfache Dinge dankbar zu freuen.
  6. Finde deinen Geh- und Tagesrhythmus, in dem tägliche Oasenzeiten, Begegungen und spritituelle Impulse ihren Platz haben.
  7. Nimm dir täglich Zeit, alleine zu gehen. Entdecke, was dir guttut: gehen, schweigen, ruhen, besichtigen, beten, reden, schreiben, ...
  8. Zum Pilgern gehört das Mühsame: Berge, Regen, Hitze, Blasen, Müdigkeit, ... und die Begenung mit schwankenden Stimmungen und eigenen Grenzen. Nimm sie achtsam wahr, geh und vertraue, auch das hat einen Sinn. Du wirst ihn entdecken.
  9. Brich auf mit dem Pilgersegen und gehe im Namen Gottes. Wenn du damit Schwierigkeiten hast, lasse dich nicht von alten Verletzungen oder Vorurteilen bestimmen. Gib dir selbst und Gott eine Chance, miteinander zu reden.
  10. Aufbrechen, Unterwegssein und Ankommen schenken dir wichtige Erlebnisse und Erfahrungen. Bewahre sie und lebe das, was dir guttut und deinem Leben Sinn gibt.

Der eigentliche Pilgerweg ist der Alltag des Lebens.

Peter Müller